Von Anja Baumgart-PietschSONNENBERG - Pamela Hahn hat ein dickes Fotoalbum bereitgelegt, um aus der Geschichte des kleinen Cafés an der Sonnenberger Straße zu erzählen, das ihren Namen trägt. Das Café Hahn wird in diesem Jahr 75 Jahre alt. Ihr Großvater Hermann Hahn eröffnete es am 1. August 1939, damals noch ein Stück weiter oben in Sonnenberg, an der Stadtmauer. Er und seine Frau kamen „vom Land”, aus Massenheim beziehungsweise Lenzhahn, und wollten sich in der Stadt ein Auskommen schaffen.
Aus den ersten, vom Krieg geprägten Jahren, weiß die Enkelin wenig. „Darüber wurde nicht viel gesprochen.” Doch Café und Bäckereibetrieb haben den Krieg überlebt, und im Jahr 1949 entschloss sich die Familie, in der Sonnenberger Straße einen Neubau zu errichten. 1950 wurde dann am heutigen Standort das Café eröffnet, damals noch mit einem kleinen Feinkostladen im Anbau und später auch mit einigen „Fremdenzimmern”, wie man es früher nannte, im Obergeschoss.
Sohn Herrmann ging bereits mit 14 Jahren beim Vater in die Lehre und ist auf einem Bild als Bub zu sehen, wie er Brote in den Backofen schiebt. 1967 übernahm er den Betrieb. Bilder aus dieser Zeit zeigen den typischen Eiscafé-Stil mit roten Plastikstühlen und gestreiften Schirmen auf der Terrasse. Dazu gibt es Fotos vom Schaufenster, in dem Buchstaben aus Brotteig liegen. Sie formen die Sprüche „Gott segne das Handwerk” oder „Kauf billig beim Bäcker”.
Auf Bildern vom Innenleben des Cafés sieht man Thonet-Stühle und Gardinen, den Wiener-Café-Look, der damals modern war. „Mein Vater hat auch noch Obst und Gemüse im Anbau verkauft, bis gegenüber der ,Latscha‘ eröffnete”, erinnert sich Pamela Hahn. „Dann lohnte sich das nicht mehr und wir erweiterten stattdessen das Café.” Schließlich übernahm Pamela Hahn Mitte der 90er Jahre mit ihrem Mann Andreas den Familienbetrieb.
Eigentlich hatte die Ingenieurin für Ernährungs- und Haushaltstechnik sowie Betriebswirtin des Handwerks andere Pläne. „Mein Vater hatte aber eine Weizenallergie entwickelt”, berichtet sie. Das Café zu verkaufen, brachte sie nicht übers Herz und stieg lieber doch selbst ein. Pamela Hahn ließ sich in die Handwerksrolle eintragen und bietet jetzt auch einen Ausbildungsplatz.
Hausgemachtes Roggenbrot
Sie und ihr Mann arbeiten mit einem angestellten Konditormeister sowie gelegentlich einem Bäckermeister zusammen. Die Brotherstellung haben sie bis auf eine Spezialität, das „Nassauer Bauernbrot”, ein reines Roggenbrot nach Rezept des Vaters, dessentwegen Kunden von weit her kommen, aufgegeben. „Das Brotsortiment beziehen wir jetzt von Kaisers Schrotbäckerei”, erklärt Pamela Hahn. „Torten, Kuchen und Feingebäck werden aber immer noch bei uns hergestellt.“ Die Torten auch nach traditioneller Art mit echter Buttercreme, „das mögen immer noch viele Leute”. Aber auch der Pflaumenkuchen ist stadtbekannt.
Die Inhaberin, Hundefreundin und Besitzerin von drei Vierbeinern, schmiedet gerade einen neuen Plan: „Mit meiner Freundin Marion Fröhlich gründe ich gerade einen Verein namens ,Stella‘. Damit wollen wir Menschen mit Hunden zusammenbringen, zum Beispiel in Altenheimen”. Für diesen Verein könnte das Café montags, wenn Ruhetag ist, zum Stammtischlokal werden. Treffpunkt ist das Café Hahn aber auch für Kunstliebhaber: Alle zwei Monate kann sich dort ein anderer, regionaler Künstler präsentieren. „Dafür haben wir eine lange Warteliste”, sagt Pamela Hahn.
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