Von Christina OxfortWIESBADEN - Sie wollen nicht länger mit ansehen müssen, dass „langjährig Geduldete ohne sichere Lebensperspektive auskommen müssen“ und Menschen in Länder mit „katastrophaler Sicherheits- und Versorgungslage“ abgeschoben werden: Der Verein Roshani hatte aus diesem Grund zu einer Demonstration vom Faulbrunnenplatz unter anderem über die Rheinstraße zum Wiesbadener Hauptbahnhof eingeladen.
Unterstützt wurde die Afghan Helping Organization bei ihrem Anliegen von Rückenwind und dem Flüchtlingsrat Wiesbaden, der sich in Redebeiträgen kritisch mit der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung auseinandersetzte und auf Transparenten anklagte: „Wer Waffen sät, wird Krieg und Flüchtlinge ernten.“
Ein solcher Flüchtling war einst auch Minna Massoumi, Vorsitzende des Vereins Roshani, die als Achtjährige mit den Eltern wegen Krieg und Verfolgung aus Kabul geflohen war. „Ich war ein Flüchtlingskind und bin heute ein Teil von Deutschland. Diese Chance wünsche ich mir auch für andere“, so die 33-Jährige in ihrer Ansprache, die sie mit Erinnerungen an die Flucht über Indien aus ihrem damals kindlichen Empfinden und einem Gedicht über Flüchtlinge versehen hatte.
„Welle der Gewalt“
„Flüchtlingsschutz statt Flüchtlingsabwehr – Für faire Asylverfahren“ und dies für „alle Flüchtlinge aller Herkunftsländer“ hieß es getreu dem Motto der Demonstration auf den Transparenten der im Verlauf des Nachmittags zunehmend größer werdenden Teilnehmergruppe. Auslöser für die Demo und Kundgebung am Wochenende waren Medienberichte, wonach die Bundesregierung ein Rücknahmeabkommen auf EU-Ebene anstrebe, das Abschiebungen nach Afghanistan erleichtert, und damit drohe, den faktischen Abschiebestopp der letzten Jahre beenden zu wollen. Das mit der Begründung, dass es sichere Gebiete und mit Städten wie Kabul auch innerstaatliche Fluchtalternativen gebe.
Dem widerspricht der Verein mit Hinweis auf eine „Welle der Gewalt“, die Kabul zuletzt im August getroffen habe. Damals sei es in der Stadt zu den „schwersten Angriffen seit Jahren“ gekommen, mehrere Anschläge hätten zahlreiche Todesopfer und Tausende Verletzte in der Zivilbevölkerung gefordert. „Wie kann für ,keine Gefahr für Leib und Leben‘ garantiert werden?“, empört sich Roshani, nach dessen Angaben derartige Gewaltakte nicht allein in Kabul, sondern in allen Gebieten Afghanistans an der Tagesordnung seien.
Gegen Abschiebungen
Die Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan könne nur als „katastrophal“ bezeichnet werden, beklagten die Kundgebungsteilnehmer mit Verweis auf die allgegenwärtigen Gefahren durch Bürgerkrieg und Mangelversorgung. Dass die Bundesregierung Abschiebungen nach Afghanistan vor diesem Hintergrund forcieren wolle, „ist aus menschenrechtlicher Sicht inakzeptabel“, heißt es in einer Stellungnahme des Vereins. Und: „Wir fordern: Bei nicht garantierbarer Sicherheit für Leib und Leben im jeweiligen Herkunftsland darf nicht abgeschoben werden.“
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